Kuhle Suche aus der Schweiz? · Swisscows Datenschutz

Swisscows bezeichnet sich als Suchmaschine mit Datenschutz. Sie setzt auf eine semantische Suche und kooperiert dabei mit Microsoft Bing. Ambitioniert ist Swisscows allemal („Wir sind dabei, das Internet zu indexieren und werden zu der weltweit fünftgrössten Internetsuchmaschine nach Google, Bing, Yandex und Baidu werden.“). Werden die kuhlen Schweizer mit der eigenen intelligenten Suchtechnologie dem selbst gesetzten Datenschutz-Versprechen auch gerecht?

Was ist Swisscows?

Swisscows (https://swisscows.com/) ist ein Schweizer Suchmaschinen-Anbieter. Ins Leben gerufen wurde der Service im Jahr 2014 von der Hulbee AG mit Sitz in Egnach (Schweiz). Fast schon typisch für die Schweiz strebt die Swisscows AG selbst an die Börse. Interessant wird die zukünftige Aktionärsstruktur sein. Mit TeleGuard hat man einen Messenger im Angebot. Zudem bietet man mit Swisscows Plus und Swisscows VPN neben dem werbefinanzierten Gratis-Angebot zwei kostenpflichtige Premium-Dienste der Suchmaschine für registrierte Kunden an.

Das Datenschutzversprechen von Swisscows

Bereits in der Suchmaske https://swisscows.com/ positioniert sich die suchende Kuh aus der Schweiz als „datensichere Suchmaschine“, bei der man „ohne Überwachung“ suchen kann.

Wer sind wir?
Wir sind Swisscows. Und wir speichern deine Daten nicht!
Da wir deine Daten NIEMALS sammeln, verfolgen wir auch NIEMALS deine Daten! Wir respektieren deine Privatsphäre!
1. Es liegt in unserer DNA jeden Nutzer zu schützen!
2. Wir speichern deine Daten NICHT!
3. Bei Swisscows bist du 100% anonym!
https://swisscows.com/de/about

Ein weiterer Fokus scheint die Betonung familiärer Werte bzw. Familienfreundlichkeit zu sein.

Wir legen grossen Wert auf familienfreundliche Internetinhalte!
Durch massive Digitalisierung sind Kinder zu den grössten Internetkonsumenten geworden.
1.Wir fördern moralische Werte.
2.Wir sind gegen Gewalt und Pornographie.
3.Wir fördern digitale Medienerziehung.
https://swisscows.com/de/about

Die Datenschutzbestimmungen sind erfreulicherweise in einfacher Sprache formuliert und sichern inhaltlich Datenschutz zu. An dieser Stelle die wesentlichen Aspekte zusammengefasst:

Wir erstellen keine persönlichen Profile, sondern anonymisieren alle Suchanfragen nach 7 Tagen. […]

Wir arbeiten derzeit mit Bing zusammen und sind sehr transparent bezüglich dieser Zusammenarbeit. […]

Wir verwenden keine Cookies oder andere Tracking-Technologien, erstellen keine Benutzerprofile und wissen nicht, wer Sie sind. Die sehr begrenzten und anonymen Informationen, die Swisscows sammelt, werden nicht weiterverkauft. Sie sind nur notwendig, um unsere Dienstleistungen erbringen zu können. […]

Der Swisscows Hauptsitz befindet sich in der Schweiz, dort befinden sich auch unsere Server. […] Bisher haben wir keine einzige solche [von unseren Anwälten zu prüfende Regierungs] Anfrage [zur Offenlegung von Daten] erhalten.

https://swisscows.com/de/privacy

Das Unternehmen speichert persönliche Daten wie IP-Adresse und User-Agent für 7 Tage, bis sie dann gelöscht werden. Nach Anonymisierung (besser gesagt Pseudonymisierung) werden Daten an die Werbepartner übermittelt. Hiervon umfasst ist die verkürzte IP-Adresse, der User Agent ohne identifizierbare Teile, der Suchbegriff und die Einstellung für den Suchbereich. Die nicht personalisierte Werbung wird über die Werbenetzwerke von Bing Ads geschaltet. Hier verweise ich wegen der Ähnlichkeiten inhaltlich auf den Blog-Beitrag zur Suchmaschine Qwant.

Swisscows · Vorteile · Nutzerperspektive

Mein Bekannten-Kreis, mich selbst eingeschlossen, ist ein großer Fan der Schweiz. Ein schönes Auswanderungsland für Leistungsträger inklusive direkter Demokratie und kaum ausgeprägter Neid-Kultur. Bei aller Liebe zur Alpenrepublik kennen nur die wenigsten Swisscows. Ich bin von Enten-Fans (Duckduckgo) und Öko-Freunden (Ecosia) umgeben. Fraktion „Google“ wird von mir gestartpaged. Gut, in Diskussionen kommt der Satz „Nutzt Du Swisscow?“ teils als Witz rüber. Persönlich finde ich den semantischen Ansatz interessant. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn man z.B. den Begriff „Datenschutz“ sucht, erhält man auf der rechten Seite Bubbles mit ähnlichen Suchanfragen. Die Qualität der Ergebnisse kann ich im einzelnen nicht prüfen. Das ist größtenteils eine Frage der subjektiven Einschätzung. Lieb gewonnen habe ich das Feature „Digest.“ Ich habe paar Texte durch das Tool gejagt und die Zusammenfassungen gefallen mir.

Im Reiter „Musik“ habe ich neue Musik gefunden. Allerdings setzt man hier auf Soundcloud. Die Bilder-Suche sieht smooth aus. In der Websuche gefällt mir die anonyme Webseiten-Vorschau. Da Swisscows auf einen eigenen Such-Index setzt, flieht man aus seiner „Filterbubble“. Ähnlich dem Ecosia-Konzept wird ein Teil der Einnahmen in soziale Projekte investiert. Bei Ecosia pflanzt man Bäume, bei Swisscows spendiert man Kinder-Mahlzeiten. In beiden Fällen fließt Geld für Projekte aber nicht für Such-Anfragen, sondern für geklickte Werbeanzeigen. Hält sich das Unternehmen an die Datenschutzerklärung, erhält man ein Datenschutz-Level, das in etwa dem vom Qwant gleicht. Jedoch kann das Argument vom „Schweizer Datenschutz“ nach einigen gravierenden Gesetzänderungen nicht mehr tragen. Zwar hat die Schweiz Datenschutz-Gesetze, die mit der europäischen Rechtslage (DSGVO) vergleichbar sind. Dennoch haben Reformen bzw. Öffnungsklauseln der letzten Jahre den Datenschutz in Zügen zu „Schweizer Käse“ gemacht.

Swisscows · Probleme · Schwächen · Kritik

Swisscows ist ein spannender Ansatz, dem ich aber auch einige Kritikpunkte abgewinnen kann.

Stärkung der Marktmacht von Microsoft

Die Schweizer setzen mit ihrer raffinierten Such-Lösung der Machtstellung von Google etwas entgegen. Dass man sich im Kampf David gegen Goliath den starken Partner Microsoft ins Boot geholt hat, bringt die Datenschutzbestimmungen von Bing zur Anwendung und lässt Microsoft über das angeschlossene Werbenetzwerk mitverdienen. Wie man dies bewertet, bleibt einem letztlich selbst überlassen. Zumindest forciert man hauptsächlich seinen eigenen Such-Index.

Das Märchen vom „Schweizer Datenschutz“

Viele Schweizer Unternehmen, wie die für Datenschutz werbende Threema GmbH (Messenger) oder die Proton Technologies AG (ProtonVPN, ProtonMail) setzen bei ihren Werbebotschaften auf den „Schweizer Datenschutz“. Auch die Server der Datenschutz-Suchmaschine Swisscows stehen in der Schweiz. Im Hinblick auf Schweizer Überwachungsgesetze wie dem Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und. Fernmeldeverkehrs (BÜPF) und dem Bundesgesetz über den Nachrichtendienst ist ein solcher Server-Standort gleichsam problematisch. Maß der Dinge ist noch immer der europäische Datenschutz (v.a. die DSGVO). Die Schweiz bemüht sich, um Anerkennung der Gleichwertigkeit des Datenschutzniveaus. Im Vergleich zu Five-Eyes-Staaten und anderen Nicht-EU-Ländern spielt die Schweiz auf einem hohen Datenschutz-Level. Vor allem die Regelungen des BÜPF und die Kooperation der Alpenrepublik mit ausländischen Behörden (siehe Fall ProtonMail) zeichnet gleichsam ein anderes Bild. Als Anbieter abgeleiteter Kommunikationsdienste (Art. 2c BÜPF) muss sich Swisscows bei Schweizer Behördenanfragen ebenfalls an den geltenden Überwachungs- und Auskunftspflichten (Art. 27 BÜPF) beugen. Deshalb bin ich auf regelmäßige Transparenzberichte der Suchmaschine Swisscows gespannt.

Börsengang der Swisscows AG

Ein weiteres Aspekt ist, wie so oft, die Verquickung zur Finanzwelt. Derzeit ist Swisscows eine Einheit der Hulbee AG. An mehreren Stellen habe ich bereits die Vorteile von Anker-Investoren herausgestellt. Die Threema GmbH hat z.B. den deutschen Finanzinvestor Afinum an Land gezogen. Mit dem Börsengang von Swisscows AG werden die Karten jedoch neu gemischt. Hier hoffe ich, dass Unternehmen investieren, denen Datenschutz am Herzen liegt. Andernfalls droht der Verkauf bzw. die Kommerzialisierung von Nutzer-Daten. Ich denke, deshalb hat Swisscows sein Angebot an kostenpflichtigen Diensten vor dem Börsengang ausgebaut. So könnte Swisscows am Grundsatz Datenschutz festhalten, ohne selbst Handelsware zu werden.

Fazit · Swisscows · Datenschutz

Insgesamt macht Swisscows einen sympathischen Eindruck. Meine Haupt-Suchmaschine wird sie nicht. Einen Versuch ist Sie aber allemal wert. Ausgehend von der Datenschutzerklärung schätze ich den Datenschutz bei Swisscows als gegeben ein. Mir drängt sich der Vergleich mit Qwant auf. Wer aufgrund der Gesetzeslage in der Schweiz Bedenken zur Integrität seiner Daten hat, dem empfehle ich einen Blick auf Metager oder Searx. Grüße in die wunderschöne Schweiz!


LG Mr. Datenschutz – die Adresse für Datenschutz und Freiheit

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